Erstellt: 18.06.2013

Über Ruanda Zweiklassengesellschaft im Königreich Tutsi und Hutu. Um diese beiden Volksgruppen drehte und dreht sich die Geschichte Ruandas bereits seit dem 15. Jahrhundert, als die Monarchie eingeführt wurde. Eine feudalistisch geprägte Gesellschaft, in der die Tutsi eine eher kapitalistische Prägung erhielten, die Hutu wurden zu einer Art „Arbeiterklasse“. Dieser Logik folgend wurde ein verarmter Tutsi ein Hutu, ein zu Geld gekommener Hutu hingegen ein Tutsi. Eine Zweiklassengesellschaft, die langfristig für Zündstoff sorgen musste… Ausschlaggebend waren aber mitunter die ersten Deutschen, die als Expeditionsteams in Ruanda ankamen und den Begriffen Tutsi und Hutu auch moralische und rassische Merkmale zuordneten. Eine Tatsache, die natürlich den beiden Gruppierungen selbst nicht verborgen blieb. 1884 gelangte der Offizier Gustav Adolf von Götzen zu dem Schluss, dass die gut organisierten Tutsi wohl von der „weißen Rasse“ abstammen mussten und sich die Hutus Untertan machten oder in die Sklaverei trieben. Diesen Faden nahmen die späteren deutschen und belgischen Kolonialmächte auf und steckten auch die anderen Völker Ruandas nach ihren Vorstellungen in Schubladen. Die Belgier führten sogar einen „Rassenpass“ ein, der die Tutsi als Elite auswies, bis diese 1950 ihre Unabhängigkeit verlangten. Schlagartig fielen die Tutsi bei den Kolonialherren in Ungnade und plötzlich waren die Hutu die favorisierte Gruppe. Unabhängigkeit als Kriegserklärung Eskaliert ist der bis heute schwelende Konflikt zwischen Hutu und Tutsi nach der Unabhängigkeitserklärung Ruandas am 1. Juli 1962. Die Jahrhunderte lang aufgestauten Hassgefühle der Hutu gegenüber den stets bevorzugten Tutsi entluden sich in Gewaltausbrüchen und der Vertreibung von rund 100.000 Tutsi. Nach 1973 schien sich das Verhältnis der beiden Clans ein wenig zu beruhigen, doch spätestens, als 1990 die von den Tutsi geführte „Ruandische patriotische Front“ (FPR) mit militärischer Gewalt von Norden nach Ruanda einfiel und die Staatsführung komplett umkrempeln wollte, begann der Konflikt wieder aufzuflammen. Der damalige ruandische Präsident Museveni unterstützte die Putschversuche, denn seine Partei NRA, die „National Resistance Army“, bestand zum großen Teil aus rekrutierten Tutsi. 1993 sollte der Friedensvertrag von Arusha vorübergehend die Fronten besänftigen und mit einer Übergangsregierung einen Weg zum friedlichen Miteinander ebnen. Doch zu einer Durchführung der im Vertrag vereinbarten Maßnahmen kam es nie! Die Welt schaut zu Vom Ausland kaum beachtet oder bemerkt bereiteten extremistische Hutukreise in Ruanda einen Völkermord an den Tutsi und um Ausgleich bemühten Hutu-Oppositionellen vor. Als Gegenwehr bauten parastaatliche Hutu-Milizen die so genannten „Interahamwe“ auf. Der Funke, der zum Großbrand führte, war ein Attentat auf das Flugzeug des ruandischen Präsidenten Habyarimana am 6. April 1994. Seit diesem Tag bis Mai desselben Jahres fanden rund 800.000 Tutsi und Hutu-Oppositionelle in den Kämpfen den Tod – die internationale Völkergemeinschaft schaute hilflos zu, bis die UNO endlich handelte. Erst der Sieg der FPR-Partei im Sommer 1994 beendete den Genozid. Doch die Rückkehr der Flüchtlinge aus Kongo und Zaire verschlechterte die Sicherheitslage abermals und Hutu-Milizen machten den Nordwesten Ruandas unsicher. Bis heute ist die Lage zwischen Kongo und Ruanda angespannt. Aufarbeitung der Geschichte Dass Touristen heute wieder in den Volcanoes National Park reisen können und die allgemeine politische Lage in Ruanda dennoch als stabil gilt, ist sicher der strengen Hand von Präsident Paul Kagame zu danken. Mit seiner autoritären Herrschaft gelingt es ihm, die Sicherheitslage weiter zu verbessern. Seine Regierung berief auch ein Kriegsverbrechertribunal in Arusha/Tansania ins Leben, das den Genozid von 1994 aufrollen soll, wobei die Verhandlungen nur schleppend vorankommen. Bis heute warten noch zehntausende mutmaßliche Völkermörder in Ruandas Gefängnissen auf ihr Urteil. Um das Ganze zu beschleunigen, sollen auf kommunaler Ebene traditionelle Versammlungsgerichte über die Verurteilten richten. Die Bemühungen um ein friedliches Miteinander von Hutu und Tutsi ist unter Kagame aber dennoch gut vorangekommen und Maßnahmen wie der „Umuganda Day“ helfen dabei. Doch es ist ein fast unmögliches Unterfangen, das von Landverknappung bedrohte Volk, in dem noch immer Genozid-Täter weitgehend ungestraft herumlaufen, ohne ethnische Polarisierung zusammenzuhalten. Auf dem Weg in eine bessere Zukunft Neben der Aufarbeitung des Genozids ist Paul Kagame sehr an der Bekämpfung der Hutu-Milizen im Grenzgebiet zur Republik Kongo gelegen. Seit dem Genozid 1994 ist die Beziehung zwischen Ruanda und Kongo äußerst angespannt. Für politische Zufriedenheit und Stabilität soll zudem ein Dezentralisierungsprogramm sorgen, das den Menschen durch Bürgermeister- und Kommunalwahlen, horizontalem Finanzausgleich und einer Verlagerung der Kompetenzen mehr Mitbestimmung gewährt. Kagame führte als erster eine Landreform durch, die dem Menschen ein verbrieftes Recht auf Grundbesitzt zusagt. Trotz allen Bemühungen ist die Situation vor allem für die Landbevölkerung Ruandas sehr schlecht, mehr als die Hälfte der Einwohner lebte auch 2012 noch unterhalb der Armutsgrenze und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur 58 Jahren (in Deutschland durchschnittlich 79 Jahre).

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